Fusschirurgie wird salonfähig
12.07.2019
Die Füsse tragen uns durch unser Leben und werden doch oft von uns vernachlässigt. Erst, wenn sie uns ihren Dienst verweigern oder von Schmerzen geplagt werden, stellen wir fest, wie wichtig sie für uns und unsere Fortbewegung sind.
Viele Redewendungen zeigen die Bedeutung der Füsse auf: auf eigenen Füssen stehen, sicher auftreten, standhaft sein, einen grossen Schritt vorwärts tun.
Im Laufe der Entwicklungsgeschichte des Menschen wandelte sich der Fuss vom Greiforgan zum Grundpfeiler des aufrechten Ganges. Mit der damit verbundenen Veränderung des Körperschwerpunktes veränderten sich Form und Funktion des Fusses grundlegend, die Standfläche reduzierte sich von stabilen vier auf nur zwei Beine.
Der Fuss – der Zehnkämpfer des Bewegungsapparates
In der aufrechten Haltung wird der Fuss auf sehr komplexe Art und Weise gefordert. Er muss im Stehen balancieren und Gewicht tragen, beim Gehen beschleunigen und abbremsen. Beim Gehen und Laufen wandelt er Rotationen um die vertikale Körperlängsachse in Rotationen um die horizontale Fusslängsachse um. Das aufrechte Gehen verlangt dem Fuss ein eindrückliches Leistungsspektrum ab: Stand festigkeit auf verschiedenen Ebenen, Boden beschaffenheiten, Geschwindigkeiten, Reibungseigenschaften, Lichtverhältnissen usw.
Ein Menschenleben lang. Die Belastungen, die der Fuss dabei auszuhalten hat, sind enorm: beim Stehen das einfache Körpergewicht, beim Laufen bis zum 3fachen Körpergewicht, beim Springen ein Vielfaches davon. Wenn man sich nun die kleinen Oberflächen der Fussknochen vergegenwärtigt, kann man sich die ungeheuren Kräfte vorstellen, die pro Flächeneinheit auf die Fussgelenke einwirken. Biomechaniker haben Belastungen bei Sprungdisziplinen in der Leichtathletik von nahezu einer Tonne errechnet. Bei einem Marathonlauf erreicht die Belastung für beide Füsse annähernd 6000 Tonnen! Aber auch beim Nichtsportler summieren sich im Laufe des Lebens an die 200 Millionen Schritte. Im Vergleich zum Knie oder Hüftgelenk eine Meisterleistung, die den Fuss zum Zehnkämpfer des Bewegungsapparates macht.
Zur Bewältigung all dieser Aufgaben steht dem Fuss ein komplexes anatomisches Netzwerk aus 28 Knochen, verschiedenen komplexen Gelenken, mehr als 100 Bändern, einer Vielzahl von Sehnen-Muskel-Strukturen, die Anfang und Ende innerhalb des Fusses haben, und 13 Sehnen-Muskel-Strukturen, die das Sprunggelenk überqueren, zur Verfügung.
Der Fuss – die Achillesferse des Körpers
Als Vermittler des Körperkontaktes zum Boden steht der Fuss denn auch an exponierter Stelle. So mag nicht zu überraschen, dass der Fuss häufig bei Verletzungen oder Abnutzungserscheinungen des gesamten Bewegungsapparates miteinbezogen ist. Probleme am Fuss haben wiederum Auswirkungen auf den ganzen Bewegungsapparat, und viele Verletzungen und Abnützungsphänomene im Knie, in der Hüfte und im Rücken haben ihre Ursache in Fehlern und Mängeln im Bereiche des Fusses. Das heisst, der Fuss ist zentral für eine gute Mobilität und dementsprechend für eine gute Lebensqualität.
Der Fuss braucht Bewegung zur Erhaltung seiner Funktionstüchtigkeit. Tatsächlich haben die Fussleiden in der westlichen Hemisphäre in den letzten Dekaden zugenommen. Grund hierfür dürfte die zunehmende Bewegungsarmut sein. Der moderne Mensch wandelte sich vom Läufer zum Sitzer mit all den negativen Folgen für den gesamten Bewegungsapparat. Moderne Ernährungsgewohnheiten bedingen zudem eine Zunahme der Fettleibigkeit bei einer allgemein gesteigerten Lebenserwartung. In unseren Breiten sind die Füsse meist lebenslänglich in Schuhe gezwängt, wodurch sie zusätzlich geschwächt werden. Die Belastungsintensität und dauer für die Füsse nimmt also im umgekehrten Verhältnis zur Fussgesundheit zu. So erstaunt es denn nicht, dass Fussprobleme buchstäblich an Gewicht gewinnen und sozusagen Spuren hinterlassen.
Die Fusschirurgie – das Aschenputtel der Orthopädischen Chirurgie
Angesichts der wichtigen Funktion des Fusses und der Häufigkeit von Fussproblemen in der ärztlichen Praxis erstaunt es eigentlich, dass diesem Körperteil vonseiten der Schulmedizin in den letzten Jahrzehnten so wenig Aufmerksamkeit beigemessen wurde. Die Fussberatung und Pflege wurde weitgehend von nichtmedizinischen Institutionen (Podologie, Orthopädietechnik, Fussreflexzonenmassage usw.) wahr genommen. Auch in der ärztlichen Grundausbildung wurde der Fuss im Weiterbildungs curriculum der Assistenzärzte vernachlässigt. Deshalb erstaunt es auch nicht, dass die Fussmedizin und insbesondere die Fusschirurgie eher skeptisch wahrgenommen wurden. Und weil Resultate von fusschirurgischen Eingriffen von vielen Faktoren abhängig sind, waren die Erfolgsaussichten manchmal auch nicht sehr rosig.
Um die medizinischen Aspekte des Fusses und Sprunggelenkes richtig zu verstehen und in die Praxis umzusetzen, ist dreidimensionales Verständnis und Wissen von verschiedenen Disziplinen wie Epidemiologie, Anatomie, Physiologie, Biomechanik genauso notwendig wie das Erlernen von Untersuchungen und Operationstechniken. Zum Glück wurde in den letzten Jahren die Bedeutung einer ausgefeilten Fusschirurgie erkannt. Mit dem zunehmenden Wissen, den komplexen Untersuchungs und Operationstechniken und der vermehrten Subspezialisierung verwandelte sich die Fusschirurgie in eine eigentliche Spezialdisziplin (wie z. B. die Handchirurgie). Nationale und internationale Fussgesellschaften entstanden und Fachwissen wird weltweit ausgetauscht. Die Möglichkeiten, die Komplexität, aber auch die Sicherheit der chirurgischen Eingriffe haben mittlerweile ein sehr hohes Niveau erreicht.Das fusschirurgische RepertoireNeben der Wiederherstellung von Funktion und Form soll auch Wert auf ein ansprechendes ästhetisches Resultat gelegt werden. Mit einer minimalen Schnittführung, einer gewebeschonenden und blutungsfreien Operationstechnik, einer sorgfältigen Nahttechnik und postoperativen narbenreduzierenden Massnahmen können zu einem sehr hohen Prozentsatz (weit über 90 %) sehr schöne Resultate erzielt werden.
Rekonstruktive Massnahmen am Fuss sind äusserst vielfältig. Sie umfassen neben Eingriffen am Knochen auch anspruchsvolle Weichteileingriffe am Kapsel-Band-Apparat, an den Sehnen oder an den Nerven. Über 30 Standardeingriffe gehören zum Repertoire des spezialisierten Fusschirurgen:
Vorfuss:
- Hallux valgus (der Klassiker)
- Hallux rigidus
- Bunionette
- Kleinzehendeformationen wie Hammerzehe, Krallenzehe
- Metatarsalgie
- Morbus Köhler
- MortonNeurom
Mittelfuss:
- Arthrose Lisfranc
- Arthrose Fusswurzel
- Os tibiale externum
- Sehnenrekonstruktionen
Rückfuss:
- Achillessehnen-Erkrankungen
- Haglund und Fersensporn
- Arthrose des oberen und unteren Sprunggelenkes
- Arthrose Chopart
- Osteochondrale Läsionen
- Os trigonum
- Tarsaltunnelsyndrom
- BaxterNerv
Korrekturen von komplexen Fussfehlstellungen:
- KnickSenkfuss
- Hohlfuss
- Spreizfuss
- Traumatologie des Fusses und Sprung- gelenkes
- Rheumachirurgie des Vorfusses und Rück-fusses
- Prothetik des oberen Sprunggelenkes
- Revisionschirurgie
- Arthroskopie
Bevor der verlorene Schuh wieder passt...
Nach einer Fussoperation muss man vorerst aufs Tanzen verzichten. Gehen ohne Stöcke ab dem 1. postoperativen Tag sollte in den meisten Fällen möglich sein. Allerdings braucht es hierfür einen Entlastungsschuh oder einen Entlastungsstiefel, mit dem der Fuss gut geschützt und eine optimale Nachbehandlung gewährleistet ist. Die Vollbelastung ab dem ersten Tag nach der Operation ermöglicht eine schnelle Aktivierung der Waden und Fussmuskeln. Meist können nach 4 Wochen schon normale (flache!) Schuhe getragen werden. So kann der Alltag und die Arbeit bald in Angriff genommen werden. Muss der Fuss jedoch maximal stabilisiert werden, kommt ein «Gips» zur Anwendung. Moderne Kunststoffgipse aus Glasfasern und Kunstharz (in verschiedenen Farben) zeichnen sich durch ihr geringes Gewicht, hohen Tragekomfort, problemlose Verarbeitung und individuelle Anpassungsmöglichkeiten aus. Die Kombination von weichen, halbharten und harten Kunststoffen ermöglicht eine Anpassung an verschiedene mechanische Anforderungen.
Weitere Informationen finden Sie unter dem Fachgebiet Fusschirurgie.
Dr. med. Christian Sommer
Facharzt FMH für Orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates, spez.Fusschirurgie
Dr. Sommer FussClinic
Haldenstrasse 6
6006 Luzern
Tel.+ 41 41 418 70 00
sommer@fussclinic.ch
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