Chronische Gelenkschmerzen an der Hand

19.01.2021

Übersicht der Therapiemassnahmen bei Handarthrosen

 
Nicht schon wieder der «schlimme Daumen»! Da wollte man nur das umkippende Glas auffangen und hatte dabei die Tischkante übersehen. Warum schlägt man sich auch immer genau den Finger an, der ohnehin schon schmerzt? Chronische Gelenkschmerzen an der Hand sind in den allermeisten Fällen auf eine degenerative Knorpelabnutzung (Arthrose) zurückzuführen. Sind nicht andere Erkrankungen, vorausgegangene Gelenkverletzungen und -infektionen oder bestimmte Stoffwechselstörungen für die Veränderungen verantwortlich zu machen, spricht man von einer primären Arthrose. Diese betrifft keineswegs nur ältere Menschen, sondern kann sich bereits vor dem 30. Lebensjahr bemerkbar machen. Die ursächlichen Hauptfaktoren sind eine erbliche Vorbelastung sowie starke mechanische Beanspruchungen.
 

Morgensteifheit als typisches Symptom

Oftmals bestehen Fingergelenkschmerzen nicht ständig, sondern treten schubweise zum Beispiel nach gesteigerter Belastung oder bei feuchtkalter Witterung auf. Führen Schmerzen oder Beweglichkeitseinschränkung zu einem Funktionsverlust der Hand für berufliche, sportliche oder sogar alltägliche und häusliche Verrichtungen, ist eine fachspezifische Untersuchung und Beratung sinnvoll. Das typische Symptom der Fingergelenkarthrose ist die Morgensteifheit mit Besserung bei Bewegung und Gebrauch («Warmlaufen» des Gelenks). Erst in fortgeschrittenen Stadien können sich Bewegungs- und Dauerschmerzen, eine Einschränkung der Beweglichkeit, Gelenkknötchen und -deformierungen einstellen.

Eingeschränkte Funktion und Bewegungsschmerzen

Im Unterschied dazu ist die ebenfalls sehr häufige Daumensattelgelenkarthrose schon sehr früh mit Bewegungsschmerzen und Funktionseinschränkungen verbunden. Dieses Gelenk an der Daumenbasis ermöglicht die Opposition, d.h. das Gegenüberstellen des Daumens, und ist bei praktisch allen Griffformen im Einsatz. Spätestens wenn das Öffnen von Drehverschlüssen oder die Bedienung der Handytastatur zur Qual werden, realisiert man die zentrale Bedeutung des Daumens für die Handfunktion.

Diagnostische Verfahren

Die Diagnose einer Handarthrose wird mittels eingehender klinischer Untersuchung und Röntgenaufnahmen gestellt. Auf dem Röntgenbild sind die typischen Veränderungen des Knochens unterhalb des Knorpelgewebes feststellbar. In der Regel sieht man auch eine Verengung des Gelenkspaltes und in fortgeschrittenen Stadien Verknöcherungen und Gelenkverschiebungen. Um das Ausmass der Knorpelzerstörungen noch detaillierter festzustellen, können auch Techniken wie Ultraschalluntersuchung (Sonografie), Computertomografie (CT), Magnetresonanztomografie (MRT) oder auch eine Gelenkspiegelung (Arthroskopie) notwendig sein. Dabei muss das Ausmass der festgestellten Gelenkveränderung nicht unbedingt mit den geäusserten Beschwerden korrelieren. Behandlungsbedürftig sind in jedem Fall nur beschwerdeverursachende Handarthrosen.

Konservative Therapieansätze

Zu unterscheiden sind prophylaktische, konservative (d.h. nicht operative) und chirurgische Therapieansätze, wobei operative Schritte erst nach Ausschöpfung aller anderen Alternativen angewendet werden. Oftmals helfen Patientenschulung in Sachen Gelenkschutz, das gezielte Vermeiden von Überbelastungen, knorpelschützende Substanzen und Hilfsmittel, beginnenden Arthrosebeschwerden entgegenzuwirken. Auch lokale Massnahmen wie Wärmeapplikation und Schienen sind wertvolle nicht medikamentöse Mittel zur Symptomerleichterung. Manche Patienten berichten auch über eine Erleichterung durch komplementärmedizinische Therapien.

Medikamentöse Behandlungen

Bei der pharmakologischen Therapie geben die Experten der Lokaltherapie (Spray, Gel oder Salbe) klar den Vorzug vor Tabletten. Sollte die Wirkung jedoch nicht ausreichend sein, ist der Einsatz von unterschiedlichen Schmerzmittelklassen gezielt und stufenweise den individuellen Bedürfnissen, Wirksamkeiten und Verträglichkeiten des Patienten anzupassen. Sie sollten so dosiert werden, dass jeweils die niedrigste noch wirksame Dosis eingenommen wird. Eine Dauertherapie sollte, wenn möglich, vermieden werden. Bei fortgeschrittenen Fällen können Kortisoneinspritzungen sowie Spritzenkuren mit künstlicher Gelenkschmiere wirksam sein.

Operative Massnahmen

Für die uneingeschränkte Einsetzbarkeit der Hand benötigt man bei Abwesenheit von Schmerzen das ungestörte Gefühlsempfinden und einen funktionierenden Bewegungsapparat. Für den effektiven Krafteinsatz muss ein regelrechter biomechanischer Übertragungsweg via «Hardware» (= Knochen und Gelenke) und «Software» (Muskeln und Sehnen, Gelenkkapsel und -bänder) gegeben sein. Ist das normale Gefüge für die Grob- und Feinmotorik nicht mehr vorhanden oder liegt eine invalidisierende Schmerzhaftigkeit vor, kann der Handchirurg mit angepassten operativen Massnahmen eine Schmerzbefreiung oder -linderung, die Korrektur von Deformitäten und Wiederherstellung der Funktion erreichen.

Gelenkersatz oder Versteifung

Die operativen Behandlungsmöglichkeiten beinhalten arthrosevermeidende respektive -verzögernde Verfahren (z.B. Stabilisierungseingriffe, Entfernung von entzündetem Gewebe). Bei einer fortgeschrittenen Arthrose werden zerstörte Gelenke ersetzt, entweder durch körpereigenes Material (Sehnenanteile, Rippenknorpel) oder durch Kunstgelenke (Silastic, Metall, Keramik oder Pyrocarbon). Hierbei wird auf die Wiedererlangung der schmerzfreien Funktion höchster Wert gelegt, und sowohl jahrzehntelang bewährte Verfahren wie auch brandaktuelle Methoden werden mit hochmodernen Werkstoffen angewendet. Durch weichteilschonende Operationstechniken kann die Bewegung oftmals nach wenigen Tagen wiederaufgenommen werden. In bestimmten Fällen – vor allem bei instabilen Situationen – erreicht man mit Gelenkversteifungen neben einer Schmerzfreiheit auch einen funktionellen Gewinn.

Individuelle Therapieansätze

Zusammenfassend muss die Behandlung von Handarthrosen individuell für jeden einzelnen Patienten angepasst werden. Im Gespräch werden die Beschwerden und auch manuellen Anforderungen erarbeitet und ein individuelles Therapiekonzept erstellt. In der Regel umfasst dieses mehrere unterschiedliche Ansätze mit Kombination von konservativen, pharmakologischen und gegebenenfalls operativen Massnahmen. Der Handchirurg ist dabei nicht nur für die chirurgische Therapie zuständig, sondern berät Sie als Spezialist für Handarthrosen über die gesamte Palette der Behandlungsmöglichkeiten.

Weitere Informationen finden Sie unter dem Fachgebiet Handchirurgie.

PD Dr. med. Boris J. Czermak

Facharzt FMH für Chirurgie, spez. Handchirurgie

Chirurgie am Kreuzplatz
Forchstrasse 4
8008 Zürich
Tel. 044 363 88 88
Fax 044 363 88 90
praxis@handchirurgie.ch
www.handchirurgie.ch
 

Boris Czermak hat sein in Wien abgeschlossen und 1998 dort promoviert. Anschliessend hat er sich in verschiedenen Spitälern und Kliniken in der Schweiz, in Deutschland und in den USA zum Facharzt für Chirurgie ausbilden lassen und 2002 an der Universität Zürich habilitiert. Boris Czermak verfügt über eine spezielle Weiterbildung in Handchirurgie. Vor seinem Wechsel in die private Medizin war er Oberarzt an der Schulthess Klinik in Zürich (Abteilung für orthopädische Chirurgie, Team obere xtremitäten/Handchirurgie).
Seit 2006 führt er seine eigene Praxis für Handchirurgie in Zürich. Boris Czermak ist verheiratet und Vater zweier Söhne.