Der Grüne Star: eine gefährliche, aber kontrollierbare Augenkrankheit

22.07.2021

Das Glaukom, auch als Grüner Star bekannt, ist eine häufige Augenerkrankung. Streng genommen ist es eine ganze Familie von Krankheitsformen, die gemeinsame Merkmale aufweisen und zu Sehbehinderungen und im späteren Verlauf zu Blindheit führen können. 

Was passiert im Auge beim Glaukom?

In der überwiegenden Anzahl der Fälle ist der Augeninnendruck krankhaft erhöht. Es kann auch sein, dass der Augendruck nur während kurzen, aber immer wiederkehrenden Perioden zu hoch ist: Es bestehen Druckschwankungen. Das wirkt sich ungünstig auf den Sehnerv aus, und dieser beginnt seine Nervenfaser zu verlieren. Nachdem die natürlich eingebauten Reserven aufgebraucht sind, sprich zu viele Nervenfasern abgestorben sind, reduziert sich das Sehvermögen: zunächst im Sinne von umschriebenen Gesichtsfeld-Defekten, dann in Form von grossen Ausfällen und Gesichtsfeld-Einengung und am Schluss gar von Blindheit.

 

Was empfindet der Patient?

Das Besondere ist, dass das Glaukom keine Schmerzen verursacht und die Augen oftmals ungleich betroffen sind, sodass das bessere Auge die Defekte des anderen Auges kompensiert. Eine weitere Besonderheit ist, dass das zentrale Sehvermögen, womit wir in der Ferne sehen, Aufschriften und Gesichter erkennen, lesen und am Computer arbeiten können, sehr lange erhalten bleibt und erst im späten Krankheitsstadium abnimmt. Dieser Umstand ist einerseits «tröstlich», andererseits wiegt sich der Betroffene deswegen in falscher Sicherheit. Bereits eingetretene Schädigungen lassen sich leider nicht wieder reparieren. Mit unserer Behandlung können wir nur das weitere Fortschreiten des Glaukoms stoppen, wir können die Krankheit aber nicht eliminieren. Daher sind wir Augenärzte auch derart um eine Frühdiagnostik bemüht.

 

Unterscheidet sich der Grüne Star vom Grauen Star?

Ja, das sind zwei komplett verschiedene Krankheiten, die aber miteinander auftreten können. Beim Grauen Star (Katarakt) trübt sich die Augenlinse, die hinter der Pupille sitzt und wie ein Objektiv das Licht auf die Netzhaut fokussiert. Eine trübe Linse kann man erfolgreich operieren und mit einer klaren Kunstlinse ersetzen. Der Graustar ist in der Regel sehr gut behandelbar und stellt auch keine Erblindungsgefahr mehr dar. Der Grünstar (Glaukom) dagegen ist eine chronische Krankheit, bei welcher der Sehnerv wegen zu hohen Augeninnendrucks und/oder schlechter Durchblutung beschädigt wird.

 

Wieso steigt der Augeninnendruck?

Im Inneren des Auges zirkuliert das sog. Kammerwasser. Dieses wird ständig produziert und muss mit konstanter Geschwindigkeit durch ein komplexes System von Mikrokanälen abfliessen können. Beim Glaukom ist der Abfluss des Kammerwassers gestört, es kommt zum Stau und der Innendruck steigt.

Abb 1: Gesunder Sehnervenkopf
Abb 2: Beschädigter Sehnervenkopf infolge zu hohen Augeninnendrucks
 

Gibt es verschiedene Formen der Krankheit?

Das Glaukom kann verschiedene Formen annehmen: mit offenem Kammerwinkel, mit engem und verschlossenem Kammerwinkel; mit permanent hohem Augendruck, mit instabilem und schwankendem Augendruck, sogar mit einem normalen Augendruck. Wir unterscheiden Kapselhäutchen-Glaukom, Pigment-Glaukom, Steroid-Glaukom, Neovaskularisations-Glaukom, Glaukom nach Trauma etc. Es gibt auch Vorstufen des Glaukoms wie zum Beispiel die okuläre Hypertension. Für eine präzise Diagnose reicht die gelegentliche Messung des Augendrucks nicht aus. Es braucht eine vollständige augenärztliche Untersuchung von Hornhaut, Vorderkammer, Kammerwinkel, Iris, Sehnerv und Gesichtsfeld. Manchmal muss man ein Druckprofil über den Tag oder über mehrere Tage aufzeichnen, um Klarheit zu erhalten. Die verschiedenen Glaukomformen erfordern zum Teil unterschiedliche Behandlungsstrategien und haben auch verschiedene Prognosen.
 

Wer erkrankt an Glaukom? Gibt es Risikofaktoren?

Die häufigsten Glaukomformen treten mit steigendem Alter auf. Ab 40 steigt das Risiko, an einem Glaukom zu erkranken, und ab 60 ist es signifikant höher. Man geht davon aus, dass in der Schweiz 2,4 % der über Vierzigjährigen (also rund 100’000 Menschen) an einem Glaukom leiden. Die genetische Veranlagung spielt ebenfalls eine Rolle. Personen, die Blutsverwandte mit Glaukom haben, weisen ein drei- bis vierfach höheres Risiko auf. Menschen mit hoher Kurzsichtigkeit erkranken häufiger an Offenwinkelglaukom, solche mit hoher Weitsichtigkeit an Engwinkelglaukom. Die wichtigsten Risikofaktoren zusammengefasst: Alter ab 40, familiäre Belastung, hohe Kurzsichtigkeit, hohe Weitsichtigkeit, Langzeit-Kortisontherapie.
 

Wie behandelt man das Glaukom?

Die Behandlung beginnt fast immer mit einer medikamentösen Drucksenkung mittels Augentropfen. Auch in Fällen, in welchen der Augendruck knapp im Normbereich ist – wie beim Normaldruckglaukom – geht man davon aus, dass das Druck-niveau für dieses konkrete Auge zu hoch ist und leitet eine drucksenkende Therapie ein. Gleichzeitig wird eine ganze Reihe von Untersuchungen durchgeführt, um das Stadium zu bestimmen, die verschiedenen Formen zu unterscheiden und nach erkennbaren Ursachen zu suchen (z. B. begleitende entzündliche Augenerkrankungen, Pigmentdispersion, enger Kammerwinkel, Gewebeanomalien, gestörte Durchblutungsregulation, Kompression etc.). Je nach Form, Stadium und Aggressivität der Krankheit sind zusätzliche Massnahmen wie eine unterstützende systemische Medikation, eine Laserbehandlung oder ein chirurgischer Eingriff notwendig.
 

Was passiert bei einer Operation?

Der Grüne Star wird durch eine Operation zwar nicht endgültig kuriert, kann aber stabilisiert und verlangsamt, gar angehalten werden. Mit einem chirurgischen Eingriff wird ein neuer Abfluss für das Kammerwasser präpariert, um den Augeninnendruck zu senken und die Druckschwankungen zu minimieren. Die moderne Augenheilkunde zeichnet sich in diesem Bereich mit neuen schonenden mikrochirurgischen Methoden aus. Bei der klassischen Operation, der Trabekulektomie, wird eine Öffnung in den tiefen Schichten der Augenwand ausge-schnitten. Bei der nicht-penetrierenden Tiefen-Sklerektomie werden die Schichten mikrochirurgisch so ausgedünnt, dass sie für das Kammerwasser durchlässig werden. Gleichzeitig wird ein Mikroimplantat eingesetzt, das einen neuen Abflussraum für das Kammerwasser aufrechterhält. Bei Augen, die für diese Technik nicht geeignet sind, besteht die Möglichkeit, ein kleines Röhrchen einzubauen, das den Abfluss leitet. Bei noch neueren Methoden wird der 0,3 mm schmale Schlemm’sche Kanal im Kammerwinkel mit Mikroinstrumenten erweitert (Kanaloplastik). Die Implantate werden immer feiner, die Sicherheit bei den Operationen immer grösser.
 

Was muss nach einer Operation beachtet werden?

In allen Fällen ist es notwendig, das operierte Auge in den ersten zwei Monaten engmaschig zu beobachten, bis sich der neue Abflussweg für das Kammerwasser «etabliert» hat. In dieser Periode bestimmt der Spezialist, ob und welche Anpassungen durchgeführt werden müssen (Fädenlockerung, Laserergänzung, Medikamenten-Injektionen), um den langfristigen Erfolg der Operation zu sichern. Der Augeninnendruck stabilisiert sich allmählich und in den meisten Fällen braucht das Auge gar keine Tropfen mehr.
 
Das Glaukom ist eine ernst zu nehmende Erkrankung, die weltweit die zweithäufigste Ursache für Sehbehinderung und Blindheit darstellt. Die moderne Pharmakologie und die Mikrochirurgie ermöglichen uns aber, den Krankheitsprozess über Jahrzehnte hinaus zu stabilisieren, in Schach zu halten und dem Patienten die Angst vor dem Sehverlust zu nehmen.
 
Weitere Informationen finden Sie im Fachgebiet Augenchirurgie.
 

AUGENARZTPRAXIS ZÜRICHBERG
Dr. med. Bruno S. Müller-Camenzind
Facharzt FMH für Augenkrankheiten und Ophthalmochirurgie
Zürichbergstrasse 34
8044 Zürich

Telefon 044 262 55 50
Fax 044 262 55 75
brunomueller@hin.ch
www.mueller-zuerich.ch