Wenn die Nase zum chronischen Problem wird

18.11.2019

Wenn die Nase zum chronischen Problem wird: Heutiges aus der Nasen- und Nebenhöhlenchirurgie


Jeder kennt das Problem einer «vollen Nase». Der Schnupfen, der einem das Denken erschwert, die Nächte lang werden lässt und einen physisch wie psychisch erschöpft, ist eine immer wiederkehrende Geissel. Gott sei Dank, ein Schnupfen dauert eine Woche und ist dann vorbei. Was aber, wenn diese Symptome nicht eine Woche, sondern wochen- bis monatelang anhalten? Eine Seite dauernd verstopft ist?

Menschen mit verstopfter Nase haben eine schlechte Lebensqualität. Sie sind häufig müde, ihre Leistungsfähigkeit ist reduziert und der Körper ist durch die Dauerbelastung geschwächt. Nicht zu reden von Infekten und der Wechselwirkung mit den Lungen. Die Nase ist eine Klimaanlage. Ihre Funktion ist besonders wichtig, wenn das Klima durch Kälte oder Trockenheit die empfindliche Lunge belastet. Über Jahrtausende lebten Menschen am Ufer der Meere bei relativ wenig schwankender Temperatur und Feuchtigkeit. In unseren Breiten ist das anders: Pollen und andere Allergien führen bei gut 20 % der Bevölkerung zu Nasenbeschwerden; die schnell wechselnden Klimaverhältnisse, Unregelmässigkeiten der Nasenstruktur und das durch die Hektik des Alltags gesteigert empfindliche Nervensystem führen schneller zu einer Überreaktion der Schleimhaut mit Verstopfung und Schleimbildung, auf der sich Infekte aufpfropfen können. Wenn die Symptome schleichend kommen und sich steigern, lernen wir darunter zu leiden und zu leben. Häufig wird erst etwas unternommen, wenn das Umfeld einen auf die Beschwerden anspricht und Arbeitsunfähigkeit oder Komplikationen zum Handeln zwingen.

Feuchtes Klima und regelmässige Pflege

In erster Linie lassen sich viele Nasenbeschwerden mit einer Optimierung der Lebensgewohnheiten und einer Pflege der Nase verbessern. Das ideale Umfeld ist ein gemässigtes, stabil warmfeuchtes Milieu. Jedoch nicht jeder kann oder will sich den Aufwand des Wechsels in ein günstigeres Klima am Meer leisten, sondern will hier möglichst gut leben. Wichtig ist die gute Beratung durch den Facharzt. Häufig können die Beschwerden durch die Verwendung pflegender und beruhigender Mittel stark gelindert oder so stabilisiert werden, dass keine weiteren medizinischen Schritte nötig sind. Wo nicht vermeidbar, müssen andere Wege eingeschlagen werden. Einerseits sollten die Nasenhaupthöhlen so beschaffen sein, dass beidseits etwa gleichviel und genügend Luft durchgelassen, befeuchtet und erwärmt wird. Andererseits muss Luft in den Nebenhöhlen zirkulieren können und sollte diese nicht übermässig viel Schleim produzieren.

Analyse und Diagnose mithilfe des Endoskops

Um sich ein Bild über die Nase machen zu können, werden Endoskope verwendet, welche die Struktur hinter dem Eingang der Nase bis 8 cm in die Tiefe zeigen. Besonders der mittlere Nasengang mit den Mündungen der wichtigsten Nebenhöhlen muss betrachtet werden können. Die funktionsstörenden Veränderungen der Nasenscheidewand können so besser beurteilt werden. Korrekturen können an der Nasenscheidewand, den Nasenmuscheln und der Struktur der Nase (Nasenflügel und Nasenpyramide) nötig sein, um eine optimale Nasenatmung zu gewährleisten.

Operative Korrektur der Nasenscheidewand (Septumplastik)

In der modernen Nasenchirurgie wird für die meisten Verbesserungen oder Rekonstruktionen der Nasenstrukturen Knorpel der Nasenscheidewand und selten, wenn nötig, der Ohrmuschel verwendet. Einfacher Überschuss an Knorpelgewebe lässt sich mittels einer Septumplastik über einen Zugang in der Nase beheben. Kompliziertere Fälle benötigen einen kleinen, kaum sichtbaren und innert eines halben Jahres in der Regel verschwindenden Schnitt im Bereich des Ansatzes des Nasenstegs. So kann das ganze Nasengerüst dargestellt werden. Nötige Korrekturen können präzise angebracht und die Nasenscheidewand wenn nötig aus eigenem Material neu aufgebaut werden (Septumrekonstruktions-/Austauschplastik). Diese in den 90er-Jahren entwickelte und verfeinerte Methode hat sich in den letzten zwanzig Jahren als schonende Technik bewährt, welche Fremdmaterial gänzlich unnötig macht und die Notwendigkeit von Rippenknorpel zur Rekonstruktion stark reduziert. Mit Techniken, welche sonst nur in der ästhetischen Nasenchirurgie Verwendung fanden, werden die Nasenflügel so geformt, dass die Luftversorgung stabilisiert werden kann. Wenn nötig wird die Höhe der Nase so angepasst, dass der Eingang runder und harmonischer wird, womit der Widerstand der Nasendüse reduziert wird. Gerade grosse Nasen mit steil abfallenden Seitenwänden führen zu derart hoher Verwirbelung, dass trotz kräftigerer Atmung nicht mehr Luft eingeatmet werden kann. Hier ist eine Verkleinerung der Nase mit Senken der Scheidewand nötig, um die Spannung zu reduzieren und damit die Düse des Naseneingangs zu öffnen.

Kurze Rekonvaleszenz

Die Schleimhaut wird vernäht, und häufig genügt nur ein lockerer Verband im Naseneingang für zwei Tage. Der Klinikaufenthalt kann so ebenfalls auf ein Minimum reduziert werden. Ausser einem Druckgefühl und einer für zwei Wochen empfindlichen Nasenspitze bestehen kaum Beschwerden. Nach durchschnittlich fünf Tagen ist die Leistungsfähigkeit soweit wiederhergestellt, dass eine Arbeit ohne körperliche Belastung wieder verrichtet werden kann. Muss am knöchernen Skelett der Nase gearbeitet werden, ist eine Schienung mit einer anpassbaren Plastikschiene für zehn Tage nötig, entsprechend verlängert sich der Arbeitsausfall. Körperliche Belastung und Sport müssen in den ersten zwei Wochen vermieden und in den folgenden zwei Wochen mit Vernunft angegangen werden.

Chronische Nasennebenhöhlenentzündungen

Das Schleimhautsystem der Nase dient der Befeuchtung, Erwärmung und Filterung der Luft, die verwirbelte Luft gibt Duftstoffe am Dach der Nase an den Riechnerven weiter. Bei ihrem Weg in die Lunge durchströmt sie die Siebbeinzellen, welche wie ein Alarmsystem auf Reizstoffe reagiert. Gleichzeitig sind die Siebbeinzellen das Tor zu den grossen Nebenhöhlen, deren Funktion es ist, die Resonanz unserer Stimme zu unterstützen. Wenn die Schleimhaut des Siebbeinzellsystems überlastet ist, schwillt sie an, produziert Sekret und kann über Botenstoffe den Körper derart in Alarm versetzen, dass die Lunge reagiert und Entzündungszellen im ganzen Körper aktiv werden. Leider führt bei einem entgleisten Nebenhöhlenalarmsystem bereits kalte Zugluft im Gesicht zu einem Auslösen des Alarms, was in unseren Breitengraden häufig zum Problem wird.

Entlastung der Nasenschleimhaut

Um die Balance in den Nebenhöhlen wieder herstellen zu können, sind grundsätzlich pflegende Massnahmen Voraussetzung und Begleitung jeglicher, wenn notwendig chirurgischer Arbeit. Vermeiden von Überlastungen der Schleimhaut wie, wenn möglich, Allergene, Überlastungen des Körpers (Spitzensport), Schleimhautreizungen durch Nikotin und Aircondition. Mechanische Hindernisse oder Reize wie Sporne des Septums oder anatomische Engstellen und Besonderheiten der Siebbeinzellstruktur können den Abfluss von Schleim er-schweren und die Schleimhaut reizen. Menschen mit solchen Veränderungen leiden häufig unter Nebenhöhlenbeschwerden. Erst über einen längeren Zeitraum entwickeln sich chronische Veränderungen, welche im Computertomogramm der Nebenhöhlen sichtbar sind; als praktisches Endstadium einer langfristigen Entzündung können sich Polypen der Nasenschleimhaut entwickeln. Eine Schleimhautreaktion, welche auch bei optimaler Pflege viel Zeit und Geduld beansprucht, bis sich die Schleimhaut wieder normalisiert. Leider muss bei diesem Stadium häufig sehr radikal operiert werden, um dem Patienten wieder eine gute Lebensqualität zurückzubringen.

Operation der Nebenhöhlen

Eingriffe an den Nebenhöhlen sollen eine bessere Drainage der grossen Nebenhöhlen (Stirnhöhle, Kieferhöhle und gelegentlich Keilbeinhöhle) bewirken, entzündetes Gewebe entfernen und eine möglichst freie Zirkulation von Luft im Nebenhöhlensystem ermöglichen. Heute können in der Regel die meisten Eingriffe über die Nasenlöcher mittels optischer Systeme (Endoskope) durchgeführt werden. Der Operateur führt Endoskop und Instrument – bei komplexeren Eingriffen gemeinsam mit einem Kollegen, welcher die Optik übernimmt – und entfernt mit scharfen Instrumenten millimetergenau krankes Gewebe. Wenn die Anatomie sehr komplex ist oder unscharfe Gewebegrenzen durch Vernarbungen oder Tumoren bestehen, helfen Computer-Navigationssysteme als «drittes Auge» die Präzision des Eingriffs zu verbessern. Dadurch ist es möglich, bei schweren Fällen ohne äussere Schnitte selbst die Stirnhöhlen direkt mit der Nasenhaupthöhle zu verbinden und die übermässig reagierende Schleimhaut auf ein Minimum zu reduzieren. Die Schleimhaut der Nebenhöhlen wird als Rahmen möglichst erhalten, um freie, infektanfällige Knochen zu vermeiden und damit die Heilungszeit möglichst kurzzuhalten.

Vorher/Nachher NaseneingangsverengungAbb. 1: Vorher: Naseneingangsverengung (links) Nachher: Naseneingang erweitert (rechts)

Zwei Monate bis zur Normalisierung

Nach dem Eingriff genügen leichte salbengetränkte Verbände in der Nase, um diese zu beruhigen. In der Regel bereitet eine Nebenhöhlenoperation kaum Schmerzen. Die Heilungsphase benötigt aber Ruhe und Vermeidung von körperlichen Belastungen für gut 10 bis 14 Tage. Die Schleimhaut muss intensiv mit Salzwasser gespült werden. Dann ist die Operationswunde grob verheilt und die Regeneration der Schleimhaut kann beginnen. Diese erfordert unter lokaler Pflege mit Salzwasser und beruhigenden Sprays eine ruhige Phase von mindestens zwei Monaten, bis die Schleimhaut sich normalisiert hat. In unserem Klima ein Unterfangen, welches gelegentlich Rückschläge erleidet und Geduld erfordert. Die ersten Zeichen der Besserung zeigen sich jedoch meist bereits zwei Wochen nach der Operation durch eine freiere Atmung und weniger Druck und damit besserer Lebensqualität. Da grundsätzlich die Schleimhaut krank ist und durch alle medizinischen Massnahmen bewirkt werden soll, die Balance zwischen Umgebungsreizen und Funktion der Schleimhaut zu verbessern, muss weiterhin auf eine gute Pflege der Schleimhaut geachtet werden. Ziel ist es, eine ohne oder zumindest mit minimalem pflegendem Aufwand optimale Lebensqualität und Leistungsfähigkeit zu erreichen.

Fachbegriffe

 
Sinusitis:Entzündung der Nasennebenhöhlen
Septumplastik: Korrektur der Nasenscheidewand bei Verkrümmung
Conchotomie/Turbinoplastik:       Verkleinerung der unteren Nasenmuscheln bei starker Vergrösserung
Ethmoidektomie:Entfernen der Trennwände der Siebbeinzellen
Endoskopischer Eingriff:Minimalinvasive Operationstechnik
CT-Navigation:GPS-ähnlich wird die Instrumentenspitze im Computertomogramm dreidimensional angezeigt


Weitere Informationen finden Sie unter dem Fachgebiet Hals- Nasen- und Ohrenchirurgie.

Dr. med. Christian A. Maranta

Facharzt FMH für Ohren-, Nasen-und Halskrankheiten

ORLPraxen Küsnacht
Seestrasse 29
8700 Küsnacht
Telefon 044 912 32 00
maranta@orlpraxen.com
https://www.orlpraxen.com/

Dr. med. Christian A. Maranta hat in Zürich Medizin studiert und sich nach einem wissenschaftlichen Jahr mit dem Thema Nasenatmung in Zürich, Aarau und Basel zum Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten (HNO) ausbilden lassen. Er verfügt über eine Zusatzausbildung in Hals- und Gesichtschirurgie. Zu seinen Spezialgebieten gehören die Nasenchirurgie und Nasennebenhöhlenchirurgie sowie die Ohrenchirurgie. Nach mehrjähriger Tätigkeit als Oberarzt wechselte Dr. Maranta 1998 in die freie Praxis.