Stoppt das saure Aufstossen

12.11.2020

Reflux ist stark verbreitet. Medikamente bringen Linderung, bei jahrelangem Gebrauch gibts aber Nebenwirkungen. Eine neue Operationstechnik stellt die autonomischen Verhältnisse wieder her. 

Es brennt höllisch hinter dem Brustbein, beim Liegen fliesst Magensäure zurück in die Speiseröhre. Die Symptome sind nicht nur sehr unangenehm, sie können auch zu gefährlichen Komplikationen führen. Der Nahrungsrückfluss in die Speiseröhre zum Beispiel kann zu einer Lungenentzündung führen. Fachärzte nennen das eine Aspirations-Pneumonie. Diese entsteht, wenn zurückgeflossener Mageninhalt in die Lunge gelangen und dort eine Entzündungsreaktion hervorrufen. In seltenen Fällen kann es sogar zu Speiseröhrenkrebs kommen.

Beim Reflux ist der Durchgang zwischen Magen und Speiseröhre zu schwach oder zu schlaff. Ausserdem ist die Speiseröhrenmuskulatur möglicherweise nicht dazu in der Lage, den Mageninhalt wieder in den Magen zurückzupressen. «Bei einer Speiseröhre, die wie eine Ziehharmonika verkürzt ist, funktioniert der Pumpmechanismus nicht mehr richtig», erklärt Dr. Mischa Feigel, Spezialist für Viszeralchirurgie in Zürich. Beim Reflux ist die Anatomie verändert. Die Speiseröhre führt durch eine kleine Öffnung beim Zwerchfell – eine Muskel-Sehnen-Platte –, in den Bauchraum. Ist das Zwerchfell nicht mehr ganz straff, wird die Öffnung grösser. Kommt ein Zwerchfellbruch dazu, ist der Verschluss definitiv nicht mehr genügend. «Ein Zwerchfellbruch ist allerdings keine Voraussetzung für einen Reflux, ist aber sehr oft damit vergesellschaftet», fügt der Chirurg hinzu.

Ein Viertel der Bevölkerung leidet mindestens einmal im Leben unter Refluxbeschwerden. Primäres Ziel einer Behandlung ist die Beschwerdefreiheit und Abheilung der Entzündung. Das sekundäre Ziel ist die Vorbeugung von Rückfällen und Komplikationen. Mit Medikamenten wie den sogenannten Protonenpumpenhemmern sind die Symptome schnell weg. «Kurzfristig sind die Medikamente eine Topsache», erklärt Dr. Feigel. Die Mittel blockieren die Säurebildung im Magen. Nach Absetzen treten die Beschwerden allerdings oft wieder auf.

Werden Protonenpumpenhemmer über Jahre genommen, kann es zu happigen Nebenwirkungen kommen: verminderte Aufnahme von Vitamin B12, Vitamin C und D sowie Eisen und Kalzium. «Es kann zu Blutarmut kommen, Störungen der Denkfähigkeit, Nahrungsmittelallergien treten gehäuft auf, das Risiko von Darmentzündungen ist erhöht. Als langfristige Folge droht Osteoporose», erklärt Dr. Feigel.

Die einzige ursächliche Behandlung besteht heute in der operativen Sanierung der anatomischen Verhältnisse. Es gibt verschiedene Methoden (siehe unten). Dr. Feigel hat die Methode BICORN (Biological Conservative Reconstruction) modifiziert. Das Bicorn-Verfahren stellt die anatomischen Verhältnisse wieder her. Die Modifikation besteht darin, die gestreckte Speiseröhre zusätzlich mit zwei Nähten an den Zwerchfellschenkeln zu befestigen. Das Auf- und Abgleiten des Magens wird so eingeschränkt. «Das Allerwichtigste ist das Strecken der Speiseröhre, der Verschluss des Zwerchfells und die Korrektur des Winkels zwischen Speiseröhre und Magen», erklärt er. Bezüglich der Resultate ist diese Operationstechnik gleich wirkungsvoll wie die Verfahren mit Manschette. Der grosse Vorteil gegenüber den herkömmlichen Antirefluxoperationen besteht laut Dr. Feigel darin, dass Erbrechen und Aufstossen möglich ist. Bei der Manschette oder dem Ring sind diese Funktionen nicht mehr möglich, was äusserst unangenehm ist. Beim Essen oder Trinken kommt immer ein bisschen Luft in den Magen. Kann diese nicht durch den Mund entweichen, kommt es zu Blähungen und vermehrten Windabgängen.

Chirurgische Eingriffe bei saurem Aufstossen


Fundoplikatio

Bei der so genannten Fundoplikatio wird eine Manschette um den Übergang zwischen Magen und Speiseröhre gelegt. Die Manschette verhindert, dass Magensäure oder Nahrungsbestandteile in die Speiseröhre zurückfliessen können. Das Problem ist, dass Patienten danach nicht mehr Aufstossen können, auch Erbrechen ist nicht mehr möglich.

Linx-System

Beim Linx-System wird ein Magnetband um die Speiseröhre gelegt. Stoppt den Reflux zuverlässig. Allerdings verhindert das Magnet eine Untersuchung mit einem MRT über 1.5 Tesla. Die Entfernung des Magnetbandes gestaltet sich oft mühsam, da die Magnetkugeln massiv mit der Umgebung verwachsen können.

RefluxStop-Verfahren

Das RefluxStop-Verfahren verhindert ebenfalls den Rückfluss von Nahrung und Säure in die Speiseröhre. Ein Silikonwürfel wird in eine kleine Falte auf der Magenwand eingenäht. Der Eingriff zielt darauf ab, die natürliche Anatomie wiederherzustellen. Das Implantat dient dazu, den hochgerutschten Teil der Speiseröhre dauerhaft in der Bauchhöhle zu behalten.

Bicorn-Verfahren

Das Bicorn-Verfahren (siehe Abbildung) ist gleich wirkungsvoll wie die oben beschriebenen Verfahren mit Manschette und Ring. Der grosse Vorteil ist, dass Erbrechen und das Aufstossen von Luft ungehindert möglich sind.

Anatomie vor der OPReflux vor OperationBICORN-Methode

Bicorn Methode Refux OPBei der BICORN Operation wird die Speiseröhre gestreckt, das Zwerchfell verschlossen und der Winkel zwischen Speiseröhre und Magen korrigiert. 

Weitere Informationen zum Thema finden Sie unter dem Fachgebiet Minimalinvasive Viszeralchirurgie.

Autor: Verena Thurner, erschienen in der Schweizer Illustrierte


Dr. med. Mischa C. Feigel

FMH für Chirurgie, spez. Viszeralchirurgie

Zürcher Referenzzentrum für Refluxchirurgie (ZRZR)
Tel. +41 43 499 16 99
m.feigel@viszeralchirurgie-feigel.ch
www.refluxkrankheit.ch