Schönheit boomt

27.06.2022

In den Pandemiejahren hat die Zahl an Schönheitsoperationen und minimal-invasiven Eingriffen deutlich zugenommen – so verzeichnete das Zentrum für Plastische Chirurgie in der Klinik Pyramide am See in Zürich einen Zuwachs von rund 25 Prozent.

Wir haben mit Dr. Rosmarie Adelsberger, Fachärztin FMH und EBOPRAS für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie, über die aktuellen Entwicklungen gesprochen.
 

Frau Dr. Adelsberger, Studien weltweit zeigen, dass die Nachfrage von ästhetischen Operationen und minimal-invasiven Eingriffen während Corona gestiegen ist. Inwiefern können Sie das bestätigen?

Diesen Anstieg der Nachfrage können wir definitiv bestätigen. Wir sehen bei den ästhetischen Operationen sowie auch bei den minimal-invasiven Eingriffen einen Zuwachs von rund 25 Prozent während der Pandemiejahre 2020 und 2021. Das Jahr 2021 zeigte sich im Vergleich zu 2020 als das umsatzstärkere Jahr.

Was, glauben Sie, sind mögliche Gründe dafür? Ist auch Social Media ein treibender Faktor?

Die meisten Patienten haben sich eine ästhetische Operation meist schon Monate bis hin zu Jahren überlegt, bevor sie in die Sprechstunde zur Beratung kommen. Die Pandemie mit Homeoffice, Social Distancing, weniger Ferien und weniger Ausgaben hat dazu geführt, dass viele sich eine Operation finanziell sowie vor allem auch zeitlich besser leisten konnten. Die meisten mussten für die Erholungszeit keine Ferien beziehen und konnten so den Eingriff ohne Wissen von Vorgesetzten und Arbeitskollegen durchführen. Das heisst, die Zunahme der ästhetischen Operationen wird eher als „günstige Gelegenheit“ erklärt, als ein Boom an spontanen Wünschen nach Selbstoptimierung.

Anders hingegen ist es bei den minimalinvasiven Behandlungen. Durch die vermehrte Selbstansicht bei den Videokonferenzen haben sich viele zunehmend über Falten oder einen müden Gesichtsausdruck beschwert, was meist mit wenig Aufwand, also minimal-invasiv, behandelt werden konnte. Hier kam die Entscheidung, eine Behandlung durchzuführen, meist spontaner als für die Operationen.

Die sozialen Medien sind im Allgemeinen sicher ein treibender Faktor für ästhetische Behandlungen und Operationen. Einerseits sehen die Benutzer, was alles möglich ist (zum Beispiel Vorher-Nachher-Bilder, die Vielzahl an verschiedenen Behandlungen, Erfahrungsberichte und Influencer), andererseits werden verschiedene Themen enttabuisiert wie die Intimchirurgie. Das Gefährliche an den sozialen Medien ist jedoch, dass die Benutzer ein negatives Selbstbild mit der Zeit entwickeln können: Sie sehen Makel an sich, die sie bisher nicht gestört hatten. Auch dass die Erwartungen nicht mehr realistisch sind, da die sozialen Medien mehrheitlich nur die schönsten Resultate posten, kann problematisch sein.

Risiken und Komplikationen werden meist nicht erwähnt oder sogar verschwiegen, weshalb ein seriöses Beratungsgespräch bei einem Fachspezialisten (FMH) für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie unabdingbar ist.

Welche Operationen werden am häufigsten in Ihrer Klinik angefragt?


Die am häufigsten durchgeführten Operationen im Zentrum für Plastische Chirurgie in der Klinik Pyramide am See – die über die vergangenen Jahre immer konstant waren – sind:

  • Brustoperationen (Vergrösserung, Verkleinerung, Straffung)
  • Augenlidstraffung (Ober- und Unterlid)
  • Fettabsaugung
  • Nasenkorrektur
  • Bauchstraffung
  • Gesichts- und Halsstraffung
  • Intimchirurgie (beispielsweise die Reduktion der inneren Schamlippen oder Vaginalplastik)

Und welche Trends zeigen sich bei minimal-invasiven Eingriffen?


Ein wirklicher „Trend“ ist nicht sichtbar, sondern eher eine Konstante. Die Faltenbehandlungen mit Botulinumtoxin A und Hyaluronsäure sind über Jahre hinweg die gefragtesten Behandlungen. Immer öfter kommen Behandlungen mit Fäden hinzu. Hier muss jedoch auf eine gute Patientenauswahl geachtet werden, da nicht jeder für ein sogenanntes Fadenlift geeignet ist. Zusätzlich wird immer mehr mit diversen medizinischen Geräten gearbeitet, zum Beispiel mit Laser, Radiofrequenz, Ultraschall und Microneedling. Hier wird die Vielfalt schon meist unübersichtlich für den Laien. Aufwand und Ertrag solcher Behandlungen sollten im Vorfeld gut abgeklärt werden, da eine Behandlung mit viel Aufwand und wenig Ertrag enttäuschend ist. Im Gegensatz zu einer Operation sollten die Behandlungen in regelmässigen Abständen wiederholt werden für ein langfristiges und optimales Ergebnis.

Die minimal-invasiven Eingriffe sollen den Patienten nicht verändern, sondern frischer und gesünder aussehen lassen.

Welche Altersstruktur haben Ihre Patienten? Gibt es hier eine Veränderung in den vergangenen Jahren zu beobachten?


Auch hier sind die Zahlen relativ konstant. Das Alter schwankt natürlich je nach durchgeführter Operation. Bei den Brustvergrösserungen
sind die Patientinnen verständlicherweise jünger als bei einer Oberlidstraffung. Im Durchschnitt sind die Frauen 39 Jahre alt. Die Männer sind meist älter mit einem Durchschnitt von 47 Jahren.

Sind auch Männer zunehmend bereit, sich unter das Messer zu legen?

Hier sind die verfügbaren Daten sehr unterschiedlich. Weltweit wird von einer Zunahme der männlichen Patienten gesprochen. Wir aber haben auch hier seit Jahren einen unveränderten Anteil von circa 10 Prozent an männlichen Patienten – bei den Operationen und bei den minimal-invasiven Eingriffen.

Was gilt es nach einem Eingriff beziehungsweise nach einer Operation zu beachten? Kann die Patientin direkt danach zur Kosmetikerin gehen?

Hier kommt es sehr auf die durchgeführte Operation oder den minimal-invasiven Eingriff an und kann nicht pauschal beantwortet werden. Meist ist jedoch der direkte Gang zur Kosmetikerin nicht empfehlenswert. Grundsätzlich werden die Patienten beim Beratungsgespräch sehr genau darüber informiert, auf was sie nach der Operation oder Behandlung achten müssen.
 

INTERVIEW, BEAUTY & CARE Medical Beauty. Das Interview führte Jaqueline Kramer.