Krampfadern behandeln

15.07.2021

Krampfadern behandeln: Nicht nur eine ästhetische Therapie

Rund 60 Prozent der Erwachsenen zeigen Varizen von unterschiedlicher Ausprägung. Die Krampfadern selber kann man nicht heilen. Ziel einer Behandlung ist die Wiederherstellung eines normalen venösen Rückflusses und dadurch die Eliminierung von Risiken und Komplikationen. Mit einer gezielten Therapie erreicht man ein sowohl funktionelles als auch ästhetisch ansprechendes Resultat.

Krampfadern (Varizen) haben einen grösseren Krankheitswert als allgemein angenommen wird. Auch ohne Beschwerden dürfen Varizen nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Die Ursachen für Varizen/Krampfadern werden in zwei Gruppen unterteilt:
Erstens die primäre Varicosis, die eine angeborene, sehr häufig vererbte Veranlagung für eine Venenwandschwäche ist. Sie führt durch die Überdehnung und Erweiterung der Venenwände zu nicht mehr funktionsfähigen Klappen. Daraus resultiert ein verlangsamter Rückfluss zum Herzen oder sogar ein Zurückfliessen des Blutes in die Beine.
Zur zweiten Gruppe zählt die sekundäre Varicosis, eine erworbene Erkrankung, die durch Abflussstörung in den tiefen Venen (Thrombose, Blutgerinnsel) oder Raumforderung von aussen (Schwangerschaft, Übergewicht) entsteht. Der Abfluss führt stattdessen über das oberflächliche Venensystem (sogenannte Flussumkehr).

Chronisch venöse Insuffizienz

Durch den verlangsamten Rückfluss in den Krampfadern (geschädigte oberflächliche Venen, die nicht immer sichtbar sind) entsteht ein erhöhter Druck (venöse Hypertension), der primär zu Beschwerden wie Schweregefühl, Ziehen, Jucken, Kribbeln, Schwellungsneigung und anderem mehr führen kann. Schwerwiegendere Folgen können bei länger nicht behandelten Varizen im Gewebe entstehen. Man spricht dann auch von der sogenannten chronisch venösen Insuffizienz (CVI), welche je nach Schweregrad in drei Stadien eingeteilt wird. Ohne angemessene Therapie kann die CVI von kleinen bläulichen Venen über Pigmentierung und Bindegewebsverhärtung bis zu offenen Beinen resp. Geschwüren (Ulcus cruris venosum) führen.

Weitere Komplikationen: Venenentzündung und Varizenblutung

Venenentzündungen entstehen durch den verlangsamten Rückfluss (vor allem in den grossen, stark geschlängelten Varizen), aufgrund dessen die Blutplättchen verklumpen und ein Gerinnsel bilden können. Die Vene verstopft und der Rückfluss wird zusätzlich behindert. Dies führt zu lokalen Entzündungsreaktionen wie Rötungen oder Schmerzen und ist als Thrombose einer oberflächlichen Vene, einer sogenannten Thrombophlebitis zu definieren. Nach Literatur kann das tiefe Venensystem in rund 20 Prozent der Fälle mitbeteiligt sein, was zusätzlich ein Risiko für eine tiefe Venenthrombose resp. sogar eine Lungenembolie darstellen kann. Aus diesem Grund ist eine eingehende Untersuchung mittels Duplexsonografie zum Ausschluss einer tiefen Venenthrombose bei jeder Thrombophlebitis notwendig.

Varizenblutungen treten meist bei sehr oberflächlichen, in der Haut liegenden kleineren Varizen auf, manchmal klar sichtbar als prominente, dunkelblaue Knöpfe, sogenannten Varizenperlen. Verursacht durch die Überdehnung der Venenwände und häufig durch dünner werdende Haut im Alter, kann eine kleine Hautverletzung (Schlag, Kratzer) eine Blutung verursachen.

Konservative Therapie

Ein Fortschreiten der Varizen kann durch konsequentes Tragen von Kompressionsstrümpfen zwar verlangsamt und gewisse Risiken und Komplikationen können dadurch reduziert, aber nicht verhindert werden. Weitere konservative Methoden wie Salben, Medikamente, kalte Duschen, viel Bewegung, Blutegel etc. dienen hauptsächlich der Symptomlinderung. Gewisse Sportarten können die Varizenbildung bei Veranlagung sogar fördern (Krafttraining, Marathonläufe u. a. m.).

Invasive Therapien

Das Ziel einer Operation ist, den venösen Rückfluss zum Herzen zu verbessern bzw. zu normalisieren sowie gesundheitliche Risiken zu eliminieren und ein ästhetisch ansprechendes Resultat zu erreichen. Durch das Entfernen der krankhaften Venen oder auch nur ausser Funktion setzen der Varizen wird der Rückfluss des Blutes über die gesunden klappendichten Venen geleitet und damit wiederhergestellt. Obwohl einige oberflächliche Venen nach der Operation fehlen oder funktionsuntüchtig sind, ist die Zirkulation verbessert, da die gesunden, klappensuffizienten Venen sich dem angebotenen Blutvolumen anpassen. Der Grossteil des Blutes fliesst über die gesunden tiefen Venen unter Mithilfe der Muskelpumpen in den Waden zurück, weshalb auch beim Entfernen von oberflächlichen Varizen keine Einschränkung eintritt. Eine Varizenoperation setzt je nach Schweregrad und Ausprägung an verschiedenen Orten an:

Stammvenen: Die beiden grössten oberflächlichen Venen (Vena saphena magna und Vena saphena parva) müssen je nach Grösse, Lokalisation und Länge mit folgenden Therapien behandelt werden:

  • Crossektomie und Stripping: Absetzen und Abbinden der Stammvene an der Mündung in der Leiste und Entfernen des kranken Anteils (Herausziehen unter der Haut); nach wie vor eine der gängigsten und exaktesten Methoden. Bevorzugt bei oberflächlichen und stark geschlängelten Varizen, mehrere gemeinsammündende Venen und bei krankhaften Venen bis zum Knöchel.
  • Endovenöse Verfahren: Diverse Methoden, welche die kranke Vene mit sehr gutem bis mässigem Erfolg verschliessen. Am häufigsten kommen thermische Verfahren zum Einsatz mit denen die Venen verschlossen werden. Durchgesetzt haben sich die Radiofrequenz ( Closure Fast [Venefit], Erhitzung bis 120°) und die Laserbehandlung (EVLA 1470nm u.a.Erhitzung bis 800°). Die limitierenden Faktoren sind die Lage und Form (Behandlung der Stammvenen im Bereich der unteren Hälfte des Unterschenkels, sehr oberflächliche Lage oder geschlängelter Verlauf). Die Behandlung kann bei nicht zu grosser Ausdehnung auch in Tumeszenzanästhesie durchgeführt werden. In Vergleichsstudien (Metaanalysen) von Holzheimer RG et al und Mumme A et al wurde im Vergleich zur konventionell chirurgischen Intervention eine mittelfristig deutlich erhöhte Rückfallquote festgestellt.
  • Vena-Seal-Methode: Eine elegante Methode ist die Vena-Seal-Methode (spezieller Gewebekleber: Cyanoacrylat), wobei die Vene ohne Anästhesie über eine Sonde verklebt wird, aber bisher nicht krankenkassenpflichtig ist.
  • Ferner die radiofrequenzinduzierte Methode RFITT/ Celon, (Erhitzung zwischen 80-100°), die Hybridmethode Clarivein (Kombination von mechanischer Reizung der Innenwand und Sklerosierungsmittel), heisser Dampf SVS (Steam Vein Sclerosis), der die Venen verschliessen und untüchtig machen soll oder auch Schaumsklerosierung von Stammvenen (billigste, aber geringste Erfolgsrate). Die letztgenannten haben sich allesamt in Mitteleuropa nicht durchgesetzt. 
  • Extraluminale Valvuloplastie: Selten angewendete Methoden sind extraluminale Valvuloplastie, bei welcher man versucht durch eine Kunststoffmanschette aus Dacron, die Mündung der Stammvene zu erhalten oder der CHIVA Methode, bei welcher möglichst viele Venen erhalten bleiben, aber trotzdem ein Rückfluss verhindert werden soll.

Das menschliche VenensystemPerforansvenen: Die häufig mehrfach vorkommenden krankenhaften Verbindungsvenen zwischen oberflächlichem und tiefem Venensystem müssen bei allen Stammvenentherapien gleichartig mittels Ligatur/Unterbrechung behandelt werden.

Seitenäste: Krankhafte, meist sichtbare, prominente und geschlängelte Venen, meist ausgehend von Stammvenen oder Perforansvenen, werden stückweise in Stichen (1 bis 2 mm) und durch Herausziehen mit einem Häkchen entfernt. Man nennt diese Methode auch Phlebektomie. Kann man auch mit Schaumsklerosierung behandeln, allerdings mit deutlich geringerem Erfolg (meist mehrere Behandlungen notwendig) und mässigem kosmetischem Resultat. 

Fussvarizen: Seitenäste/Nebenäste am Fuss, die unbedingt mitbehandelt werden müssen, damit auch hier keine sekundären Schäden/Komplikationen auftreten und ein ganzheitliches funktionelles und kosmetisches Resultat erzielt wird. Insuffiziente Perforansvenen können mitbeteiligt sein. Die Therapie erfolgt analog den Seitenästen und den Perforansvenen.

Retikuläre Varizen: Kleinere (< 3 mm), meist bläulich erscheinende Venen unter der Haut werden mittels Sklerotherapie/Schaumsklerotherapie (Injektion einer alkoholischen Lösung zur Verklebung der Veneninnenwand) oder Phlebektomie behandelt.

Besenreiser: Kleinste, blaue oder auch rötliche Varizen, in der Haut liegend (meist netz- oder sternförmig), werden primär verödet (Sklerotherapie), bei rötlichen Besenreisern ist auch eine Laserbehandlung denkbar. Allerdings muss vorgängig immer zuerst die Ursache abgeklärt werden. Liegt diese bei einer grösseren Versorgungsvene, sollte diese zuerst behandelt werden.

Zu einer genauen Diagnosestellung ist immer eine Doppler-/Duplexsonographie notwendig, damit man sowohl das oberflächliche als auch das tiefe Venensystem beurteilen kann. Die massgeschneiderte Therapie ist abhängig von Ursache, Lokalisation und Ausdehnung der Krampfadern, da nicht alle Krampfadern gleichermassen behandelt werden können. Die endovenösen Verfahren haben zum Beispiel aufgrund der Steifigkeit des Katheters und Hitzeexpression Limiten. Entsprechend müssen häufig verschiedene Therapieformen kombiniert werden. Das Ziel ist stets die funktionelle Wiederherstellung des Venensystems und die Verschönerung des Beins.

Weitere Informationen finden Sie unter dem Fachgebiet: Venenchirurgie

Autor:
Dr. med. Stephan R. Koeferli
Phlebologie (USGG/FMH)
Venenzentrum Venaesthetics
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