Wann braucht es ein künstliches Kniegelenk?

26.04.2017

Kniearthrose

Wenn die Kniearthrose massgebend das alltägliche Leben bestimmt und trotz Ausschöpfung der konservativen Therapien nicht besser wird, ist es an der Zeit, über einen Knieersatz nachzudenken. Bei den meisten Betrof­fenen stehen entweder die Schmerzen, die Bewegungseinschränkung des Kniegelenks oder die Gangunsicherheit im Vordergrund.
 

Arthrosebeschwerden nehmen leider im Laufe der Zeit exponentiell zu und sind bei jeder Person unterschiedlich ausgeprägt. Dieser individuelle Leidensdruck ist im Entscheidungsprozess zur Implantation eines künstlichen Kniegelenks massge­bend. In der Regel beginnen die Beschwer­den mit Schmerzen, die sich insbesondere bei Mehrbelastung des Kniegelenks beim Aufstehen, Laufen oder Treppensteigen manifestieren. Die Schmerzen können auch durch das Verdrehen des Kniegelenks entstehen (z. B. in der Nacht). Ein längeres Gehen kann zu Entzündungsschmerz mit entsprechender Schwellung im Gelenk führen. Da der Knorpelverschleiss im Kniegelenk im Laufe der Zeit zunimmt, äussert sich dies mit der Zunahme der unterschiedlichen Schmerzen. Typischer­weise sind die Schmerzen wellenförmig. So gibt es Tage, an denen man wenig oder kaum Schmerzen hat. Leider kommen dann aber diese Arthroseschmerzen am nächsten Tag umso intensiver wieder zurück. Die schmerzfreien Intervalle wer­den mit dem Fortschreiten der Arthrose immer kürzer.

Fehlstellung und Beinverkürzung

Bei anderen Personen steht nicht der unterschiedliche Arthroseschmerz im Vordergrund, sondern die zunehmende Fehlstellung des Kniegelenks. Mit dem Fortschreiten der Arthrose führt diese zu einer Verformung des Kniegelenks. Das Knie wird dicker, und die Fehlstellung des Gelenks nimmt zu – entweder zu einer O-Bein- oder X-Bein-Stellung. Dies führt zu einer funktionellen Verkür­zung des Beines. Die Verkürzung des Bei­nes wiederum führt zur Mehrbelastung von anderen Gelenken wie Hüftgelenk, Rücken und Sprunggelenk sowie des anderen Kniegelenks. Das kann zu ent­sprechenden Folgebeschwerden führen wie zum Beispiel Rückenschmerzen, die bei einigen Patienten dann im Vorder­grund stehen

Einschränkung der Beweglichkeit

Die arthrosebedingte Deformierung des Kniegelenks führt nebst der Fehlstellung auch zu einer deutlichen Bewegungsein­schränkung desselben. Das Gelenk kann nicht mehr richtig gestreckt oder gebeugt werden, was eine massive Beeinträchti­gung im Alltag mit sich bringt. Normale Treppen können zu einem unüberwind­baren Hindernis werden. Man überlegt sich sehr genau, welchen Weg man geht. Auch ein banales Anziehen von Socken, Schuhen oder Hose kann bei deutlicher Bewegungseinschränkung des Kniege­lenks eine Tortur sein. Bei einigen Patien­ten steht die Unsicherheit im Vorder­grund. Sie merken, dass das Arthroseknie bei jedem Schritt nachgibt. Diese Knie-Instabilität führt zu einer erhöhten Sturzgefahr. Zusätzlich führt die Instabi­lität zu Schmerzen und einem geschwol­lenen Knie mit resultierender Bewe­gungseinschränkung.

Individuelle Beweggründe

Für den Patienten ist die Einschränkung der Lebensqualität ausschlaggebend, die mit dem stetigen Fortschreiten der Arthrose zunimmt. Wie unterschiedlich diese Beschwerden sein können, zeigen folgende exemplarische Bespiele:

  • Ein Patient muss immer mehr Schmerzmittel einnehmen, um seine Arthrose-Knieschmerzen zu unter­drücken, damit der Alltag erträglich ist. Leider rebellieren die inneren Organe wie Magen, Darm oder Niere bei der erhöhten Schmerztabletten­einnahme.
  • Bei einem anderen Patienten sind die Knieschmerzen in der Nacht so stark, dass er nicht mehr richtig schlafen kann. Das führt zu schlechter Stim­mung und Lustlosigkeit.
  • Der nächste Patient bemerkt, dass seine belastungsabhängigen Knieschmerzen so sehr zunehmen, dass er geliebte Tätigkeiten wie z. B. das Wan­dern mit Freunden nicht mehr aus­üben kann. Er zieht sich deshalb immer mehr zurück.
  • Ein anderer Patient hat keine Knieschmerzen, merkt jedoch, dass sich seine O-Bein-Stellung deutlich verstärkt hat. Die resultierende Bein­verkürzung hat massivste, invalidisie­rende Rückenprobleme zur Folge.
  • Der nächste Betroffene bemerkt die zunehmende Einschränkung der Kniebeweglichkeit, sodass er Treppen meidet und immer mehr auf Hilfe angewiesen ist.
  • Ein anderer Patient stellt fest, dass sein Knie immer instabiler wird und die Sturzgefahr zunimmt. Um einen Sturz und somit mögliche Folgen wie Knochenbrüche zu verhindern, bleibt er lieber zu Hause.

Die inneren Organe vor übermässigem Gebrauch durch Schmerzmittel zu scho­nen, wieder einen erholsameren Schlaf zu haben, den Alltag deutlich schmerzfreier zu bewältigen, den geliebten Sport auszu­üben oder einen drohenden Sturz zu ver­meiden – all dies sind Gründe, wieso sich Patienten schliesslich für ein künstliches Kniegelenk entscheiden.

Hohe Erwartungen ans künstliche Kniegelenk

Bedingt durch viele positive Beispiele haben die Patienten heute eine enorm hohe Erwartungshaltung gegenüber dem künstlichen Kniegelenk. Man muss sich bewusst sein, dass das künstliche Gelenk die Schmerzen grösstenteils nehmen kann, aber niemals ein gesundes Knie ersetzt. Ein künstliches Kniegelenk kann die ursprüng­lichen Arthroseschmerzen deutlich mini­mieren, das Gelenk wieder stabilisieren und die physiologische Beinachse wieder­herstellen. Das primäre Ziel bei einem Patienten mit einer künstlichen Kniepro­these ist die Rückkehr in den Alltag und dessen Bewältigung. Ein Patient kann davon ausgehen, dass er ein Jahr nach dem Eingriff nebst deutlicher Schmerzlinde­rung wieder auf einem ebenen Gelände gehen, sein neues Kniegelenk strecken und ca. 120 Grad beugen sowie ein bis zwei Stockwerke Treppen steigen kann.

«Wartet man zu lange, kann man das kaputte Knie nicht mehr mit einem normalen Oberflächenersatz, sondern nur noch mit einer komplexeren geführten Knieprothese retten.»

Rat vom Knieexperten

Reift der Wunsch nach einer Operation, ist eine genaue Untersuchung bei einem erfahrenen Knieexperten wichtig. Diese setzt sich aus einer individuellen Befra­gung, der eigentlichen medizinischen Untersuchung und einer ganzheitlichen Beratung zusammen. Zuerst wird gefragt, welche Hauptprobleme das Kniegelenk aktuell hinsichtlich Schmerzen, Bewe­gungseinschränkung, Fehlstellung und Unsicherheit bereitet und wie lange diese schon anhalten. Welchen Charakter hat der Knieschmerz? Ist er eher dumpf, spitz brennend oder elektrisierend? Wann und wie wird der Schmerz ausgelöst? Hatte das betroffene Kniegelenk schon eine oder mehrere Operationen? Was wurde dabei festgestellt? Wie erfolgreich waren diese Operationen? Was wurde konser­vativ unternommen, um die Beschwer­den zu lindern (Einlagen, Medikamente, Spritzen und Physiotherapie)? Wie erfolgreich waren die Massnahmen?

Medizinischer Untersuch

Bei der anschliessenden Untersuchung wird geprüft, welche Beweglichkeit das Kniegelenk aktuell noch hat, wie gut seine Stabilität ist und in welcher Achse es steht. Können bei der Untersuchung typische Knieschmerzen provoziert werden? Zur weiteren Abklärung zäh­len Röntgenaufnahmen des Knies in verschiedenen Ebenen und die Ganzbeinaufnahme. Bei Unklarheiten kann ein MRT des Kniegelenks hilfreich sein. Sind alle Ergebnisse vorhanden, werden diese mit dem Patienten ausführlich besprochen. So kann die Ganzbeinauf­nahme aufzeigen, welchen Einfluss eine arthrosebedingte Fehlstellung des Knie­gelenks auf andere Gelenke hat. Es wird dargestellt, welche konservativen Möglichkeiten noch bestehen und was von einer Operation erwartet werden kann. Ebenso werden die entsprechen­den Operationsrisiken besprochen. Generell gilt: Je höher der Leidens­druck und je besser aufgeklärt und informiert der Patient ist, desto grösser ist der Erfolg nach Implantation eines künstlichen Kniegelenks. Aus diesem Grund erhalten alle Patienten, die zur Besprechung einer möglichen Opera­tion kommen, unsere ausführliche Pati­entenbroschüre.

Richtiger Zeitpunkt

Der Zeitpunkt der Implantation eines künstlichen Kniegelenks sollte immer kritisch abgewogen werden. Einerseits können durch den künstlichen Gelenkersatz die Lebensqualität und Mobili-tät des Betroffenen extrem verbessert werden, andererseits ist die Lebens­dauer eines künstlichen Gelenks begrenzt. Diese liegt bei ca. 10 bis 15 Jahren und ist abhängig von der Aktivi­tät der Person. Weitere Faktoren wie Stürze und Knochenbrüche, eine Zunahme der Osteoporose oder Seiten­bandinstabilität, Infektionen oder Materialabnützung haben ebenfalls einen Einfluss auf die Lebensdauer eines Implantats. Meistens muss die locker gewordene Knieprothese nach einer bestimmten Zeit ausgewechselt werden, was heutzutage sehr gut mög­lich ist. Es ist sicherlich sinnvoller, ein verschlissenes Kniegelenk rechtzeitig mit einem Oberflächenersatz zu versor­gen, als eine Operation so lange hinaus­zuzögern, bis es schliesslich schwieriger wird, das defekte Knie zu ersetzen. Wartet man zu lange, kann es sein, dass kein normales künstliches Kniegelenk mehr verwendet werden kann, sondern eine komplexere, achsengeführte Knie­prothese eingesetzt werden muss, was den Eingriff erschwert und verlängert. Zusätzlich verkraftet man die Opera­tion mit zunehmendem Alter weniger gut. Auch die anschliessende Rehabili­tation kann länger dauern.

«Die Operationsrisiken liegen bei ca. 1 Prozent, die Lebensdauer eines Implantats bei 10 bis 15 Jahren.»
 

Weichteilorientierte Operationsmethode

Ist der Entscheid für ein neues Gelenk nach intensiver Abklärung und Aufklä­rung gefallen, so setzen wir alles daran, dass ein sehr gutes Resultat erzielt wird. Jede Operation hat Risiken, die bei ca. 1 Prozent liegen. Damit das Ergebnis gut wird, verwenden wir besonders kör­perverträgliche Materialien für das neue Gelenk. Zusätzlich setzen wir das künst­liche Gelenk durch eine schonende, weichteilorientierte Methode ein, die einen besonderen Schwerpunkt auf das Ausgleichen der beiden Seitenbänder hat. Das Gelenk wird bei einem neu wiederhergestellten geraden Bein phy­siologisch balanciert und somit gleich­mässig belastet. Die Operation erfolgt ohne Blutsperre, demzufolge ist das Bein die ganze Zeit durchblutet, und allfällige Blutungen können sofort gestoppt werden. Dadurch nimmt das Gewebe weniger Schaden, was zu einer besseren Wundheilung führt und das Infektionsrisiko minimiert. Die Patien­ten können nach der Operation das neue Kniegelenk schmerzadaptiert belasten und bewegen. Sie lernen wäh­rend des rund einwöchigen Klinikauf­enthalts, mit dem künstlichen Kniege­lenk zu gehen und Treppen zu steigen. Danach folgt eine ambulante Physiothe­rapie mit Gangschulung und Kraftauf­bau. So finden die Patienten rasch Ver­trauen in ihr neues Kniegelenk und erlangen Sicherheit.

Weitere Informationen zum Thema finden Sie unter Gelenk- und Sportchirurgie.
 

Erfahrungsberichte

Erfahrungsberichte (inklusive Video-Story von unseren ehemaligen Patienten), finden Sie hier.

Wir beraten Sie gerne persönlich

Unsere Ärzte weisen langjährige Erfahrung und hohe Kompetenz in der Sport- und Gelenkchirurgie auf. PD Dr. med. Andreas L. Oberholzer ist ausgewiesener Knieexperte und verfügt über grosse Erfahrung auf dem Gebiet des künstlichen Kniegelenks. 

Wir gewährleisten eine rasche, fachlich kompetente Abklärung und Beratung sowie eine Behandlung nach den modernsten Möglichkeiten. Gerne dürfen Sie bei uns auch eine Zweitmeinung einholen.

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PD Dr. med. Andreas L. Oberholzer

Zentrum für Gelenk- und Sportchirurgie
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